​Den Stellenwert von Schnupperlehren erkannt

Garagisten handeln vorbildlich

​Den Stellenwert von Schnupperlehren erkannt

21. April 2021 agvs-upsa.ch – Trotz Corona-Krise haben seit Herbst 2020 viele Garagisten Schnupperlehren vor Ort ermöglicht. Das zahlt sich aus, wie eine Umfrage der AGVS-Medien zeigt: Die Lehrstellen für den Sommer können mit geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten besetzt werden. 
 
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AGVS-Schnuppertagebuch
Der AGVS bietet ein Schnuppertagebuch für die technischen Grundbildungen an. Es kann kostenlos heruntergeladen werden und enthält eine Programm-Checkliste und vier Hausaufgaben, die dem Schnuppernden das Automobil im Alltag näherbringen soll und ihn dazu auffordern, das Gelernte umzusetzen.

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Foto: iStock

Gesamtschweizerisch sind per Ende März 2021 rund 36'500 Lehrverträge abgeschlossen worden. Die Zahl liegt gemäss Trendmeldungen seitens der Kantone im Rahmen der Vorjahre. Dem Schnuppern kommt dabei eine grosse Bedeutung zu, denn es bildet den Start in den Berufswahlprozess. «Es ist unerlässlich, dass Jugendliche in dieser wichtigen Phase der Berufsorientierung trotz Pandemie einen Einblick in die Arbeitswelt erhalten. Dies ist unter Einhaltung der Schutzkonzepte möglich», sagt Christine ­Davatz, Vizedirektorin des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv und verantwortlich für die Berufsbildung. Die Garagenbetriebe haben im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Einblicke vor Ort gewährt. «Dies ist wichtig sowohl für Betriebe wie auch für die Jugendlichen. Wie sollen sonst Unentschlossene herausfinden, was für eine Lehre sie machen wollen?», so Christine Davatz. 

Viele Garagenbetriebe haben den Wert von Schnupperlehren erkannt und nehmen den Aufwand trotz Pandemie auf sich. «Wir halten alle Schutzmassnahmen ein. So können derzeit keine Gruppen vorbeikommen, sondern ‹nur› Einzelpersonen», sagt Gesa Gaiser, Leiterin Berufsbildung bei der Amag Group AG. Die Amag verzeichnet schweizweit eine unverändert «sehr hohe Nachfrage» nach Schnupper-Angeboten. Während die Garage Georges Bovet SA in Grolley FR diesen Eindruck bestätigen kann, registrieren die Tognetti Auto SA in Gordola TI und Emil Frey in Bern einen Rückgang. «Wahrscheinlich haben die Schüler angenommen, dass sich eine Anfrage aufgrund des Shutdowns gar nicht lohnt», vermutet Andreas Schär, Betriebsleiter der Emil Frey. Als Ende Dezember erst zwei der fünf Lehrstellen für diesen Sommer besetzt waren, kamen bei ihm Bedenken auf. «Plötzlich gab es dann wieder einen Schub an guten Kandidaten.» Ende März wurde der letzte Lehrvertag unterzeichnet, womit im August am Berner Standort je ein neuer Automobil-Mechatroniker, Automobil-Fachmann, Detailhandelsfachmann, Carrosseriespengler und Autolackierer das Berufsleben in Angriff nehmen. 

Virtuelle Möglichkeiten sind kein Ersatz
Für alle angefragten Garagen kam und kommt es nicht in Frage, auf Schnupperlehren vor Ort zu verzichten. «Der Mensch steht während der Lehre im Mittelpunkt. Umso wichtiger ist es, seine Neigungen und Begabung kennenzulernen», sagt Andreas Schär. Georges Bovet, der ebenfalls alle Lehrstellen besetzen konnte, bringt die Sichtweise der Jugendlichen ins Spiel: «Sie sehen ihren zukünftigen Arbeitsplatz und in welchem Umfeld sie arbeiten werden.» Die Schüler sollen sich ein Bild von der Arbeit und der Umgebung machen, pflichtet ihm Piero Colatruglio aus dem Tessin bei. Die Tognetti Auto SA hat noch freie Ausbildungsplätze zu vergeben. Ebenso wie die Amag gesamtschweizerisch betrachtet. «Wir sind überzeugt, dass wir alle unsere 250 Lehrstellen ab August besetzen können», so Gesa Gaiser. Sie empfiehlt, die Schnupperlehren authentisch zu gestalten, damit das gegenseitige Kennenlernen erfolgreich verläuft. «Wir zeigen genau das, was bei uns in der Lehre vor sich geht.» 

Diese Aussagen lassen bereits erahnen, weshalb virtuelle Möglichkeiten kein adäquater Ersatz sind. Der Ablauf einer Schnupperlehre bei der Tognetti Auto SA verdeutlicht dies. «Die Schnupperlehre dauert drei Tage. Die Schüler begleiten den Werkstattmitarbeitenden bei seiner Arbeit», erklärt Piero Colatruglio. Einen einwöchigen Einblick erhalten die Bewerber für eine Lehrstelle. «Kleinere Arbeiten dürfen dann unter Aufsicht selber durchgeführt werden.» Der Mitarbeitende teilt seine Eindrücke anschliessend dem Ausbildungsverantwortlichen mit. 

Das AGVS-Schnuppertagebuch
Beobachten und selber Ausführen – das sind Elemente, die Ausbildungsbetriebe seit jeher für ihre Schnupperlehren beherzigen und die der AGVS in einem Schnuppertagebuch festgehalten hat. Die Garage Georges Bovet SA setzt auf den Leitfaden, der einen vielseitigen Ablauf der Schnupperlehre zeichnet. Bei einer Lehrstellen-Bewerbung verlangen die Westschweizer zudem, dass der AGVS-Eignungstest beigelegt ist. Kandidierende sehen dank der Ergebnisse, für welche Grundbildung sie sich eignen und ob sie den Anforderungen im Autogewerbe gewachsen sind. Lehrabbrüche werden so auf ein Minimum reduziert. «Der AGVS-Eignungstest ist eine gute Sache, weil die Resultate bei allen Berufskollegen denselben Stellenwert geniessen», lobt Andreas Schär.

Eine Schlüsselfunktion für eine gelungene Schnupperlehre nehmen aus seiner Sicht übrigens die involvierten Personen ein. Am Berner Emil-Frey-Standort verbringen die Schüler den Tag häufig mit Mitarbeitenden, die zwischen 18 und 30 Jahre alt sind und aus eigener Erfahrung berichten können oder eigene Kinder haben. «Beteiligen soll sich, wer es gerne macht.» Die Amag verfolgt denselben Ansatz und bindet ihre Lernenden mit ein. Gesa Gaiser erklärt: «Die interessierten Schüler begleiten unsere Lernenden in ihrem ausgewählten Schnupperberuf und können aktiv mitarbeiten. Ihnen wird jeweils auch erzählt, was sie im überbetrieblichen Kurs und in der Berufsschule alles lernen und machen.»

Für ihr Engagement ernten die Garagenbetriebe nicht nur zufriedene und begeisterte Schnuppernde. Sie erhalten auch viel zurück, ist sich Andreas Schär sicher: «Es beginnt mit dem Bewerbungsdossier und endet mit gestandenen Persönlichkeiten mit viel Fachkompetenz. Die Jugendlichen wachsen an ihrer Aufgabe und die Branche erhält neues Fachpersonal.»
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