Zusätzliche Lehrstellen sind gefordert: Der Ball liegt nun bei den Betrieben

Nationale Berufsbildungskommission

Zusätzliche Lehrstellen sind gefordert: Der Ball liegt nun bei den Betrieben

3. Februar 2023 agvs-upsa.ch – Eins vorneweg: Dem Nachwuchs eine qualitativ hochwertige Ausbildung anzubieten, die auch vor dem Wandel der Branche die Augen nicht verschliesst – das ist echte Knochenarbeit. Die diesjährige Sitzung der Berufsbildungskommission zeigte, wie enorm viel Revisionsarbeit derzeit in den verschiedenen Fachrichtungen geleistet wird.

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Was läuft derzeit in den verschiedenen Berufsbildungskommissionen? Die Vertreter aus den AGVS-Sektionen erfuhren in der jährlichen Berufskommissionssitzung den aktuellen Stand.

cym. Durchaus anstrengende, aber hoch interessante fünf Stunden dauerte es Ende Januar, um an der diesjährigen Sitzung der Berufsbildungskommission (BBK) alles zu erfahren, was es derzeit an Entwicklungen im Bildungsbereich gibt. Durch den Anlass führte Charles Albert Hediger vom AGVS-Zentralvorstand. Ehe die Präsidenten der Kommissionen zu den Prozessen zu Wort kamen, präsentierte Olivier Maeder, AGVS-Geschäftsleitung, was kommunikativ unternommen wurde, um junge Menschen für Autoberufe zu begeistern. Er stellte die aktualisierte Webseite autoberufe.ch vor, die dank neuer Struktur und Suchmaschinenoptimierung erhöhte Zugriffszahlen ausweist. Zudem verwies er auf die Sozialen Medien. «Wir haben mit sieben Tiktok-Videos rund eine halbe Million Personen erreicht; der beste Post hatte über 90 000 Klicks», freute sich Maeder. 

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Ein Video zeigte den Weltmeister Florent Lacilla bei seinem Wettkampf an den WorldSkills 2022.

Als «neue Ära» bezeichnete Hans Pfister, Präsident Kommission Kaufmännische Grundbildung, die ab diesem Sommer neuen Ausbildungen der Kaufleute EFZ: «Ich kann versichern, dass vieles einfacher wird.» Aber, so Pfister: «Jetzt liegt der Ball bei den Betrieben. Wir bieten Schulungen an, die ich wirklich jedem ans Herz lege. Es geht darum, Frust im Nachgang zu vermeiden.» Was seitens der Kommission anstehe, sei die Ausarbeitung des üK-Konzepts. Einen ähnlichen mehrjährigen Revisionsprozess hinter sich gebracht hat Andreas Billeter, Präsident Kommission Detailhandel. Er erläuterte den Stand beim Projekt «Verkauf 2022+». Bisher haben 31 Personen einen Lehrvertrag der Detailhandelsfachleute «Sales» und 185 «After-Sales» unterzeichnet. Die Feedbacks seit dem letztjährigen Start seien positiv. «Die Jungen sind über die neuen Berufe enorm gut informiert. Das Interesse ist da, aber was es braucht, sind Lehrstellen und Betriebe, die diese Ausbildung anbieten.» In diesem Zusammenhang erinnerte Billeter die vielen Vertreter/-innen der Sektionen an den Erfahrungsaustausch in der Mobilcity am 10. März 2023. 

Während in diesem Bereich die Umsetzung vollzogen wurde, stehen ähnliche Prozesse anderen Kommissionen noch bevor. Wie sehr aber beispielsweise die Frage nach einer Totalrevision der Prüfungsverordnung bei den Automobil-Verkaufsberater/-innen wiederum mit den obengenannten revidierten Detailhandelberufen verknüpft ist, zeigte eine Umfrage der Kommission. Im August bis September 2022 wurde persönlich mit Personen gesprochen, welche mit Verkaufsabteilungen und Verkaufsberater/-innen im Automobilhandel tätig sind. Die Auswertung dieser qualifizierten Branchenumfrage hielt unter anderem fest: Es ist wichtig, den Absolventen der Detailhandelsberufe, die in wenigen Jahren ausgebildet sind, auch in Zukunft eine Weiterbildungsmöglichkeit mit Branchenbezug auf der Stufe Höhere Berufsbildung anzubieten. 

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Patrick Ganière, Präsident der QS-Kommission Automobil-Verkaufsberater, sprach sich für eine Totalrevision aus.

«Wir müssen schauen, dass die Schere zwischen Überforderung und Unterforderung, etwa bei Quereinsteigern oder neuen Abgängern aufgrund der Revisionen in der Bildungsbranche, nicht weiter aufgeht», sagte Thomas Jäggi, Sekretär der QS-Kommission Automobil-Serviceberater. Patrick Ganière, Präsident der QS-Kommission Automobil-Verkaufsberater, stimmte zu, zeigte den Stand der Dinge auf und sprach sich für eine Totalrevision der Fachrichtung aus. Billeter ergänzte: «Ich habe eine Tochter, die sich genau das überlegt: Sie fragt nach den Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Grundbildung. Wir dürfen das nicht aus den Augen verlieren, damit der Nachwuchs nicht abwandert.» Sein Argument lieferte er nach einer kritischen Stimme, die anmerkte, man solle wegen der Zahl anderer Projekte und Kosten mit der Totalrevision zuwarten. Der Antrag für die Totalrevision der Prüfungsordnung bei den Automobil-Verkaufsberatern wurde im Anschluss aber einstimmig angenommen. Die Umsetzung mitsamt Workshops dauert zirka bis 2026. 

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Es herrschte Einigkeit: Der Antrag für die Totalrevision der Prüfungsordnung bei den Automobil-Verkaufsberatern wurde einstimmig angenommen.

Die Automobil-Serviceberater/-innen wiederum erwartet dieses Jahr bereits die erste Prüfung nach einer Totalrevision der Prüfungsordnung. Thomas Jäggi erinnerte in seinem Referat an die Subventionen an die Ausbildung. «Der Ausbildungsweg kostet z.B. den Nachwuchs aus dem Kanton Waadt am Ende nur rund 3000 Franken.» Damit ist es aber nicht getan: Es geht auch um Qualitätssicherung bestehender Ausbildungswege. In diesem Jahr steht der Kommission für Berufsentwicklung und Qualität die Fünf-Jahresüberprüfung der technische Grundbildungen bevor: Die Rückmeldungen der Kantone, des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), der Berufsfachschulen, üK-Ausbildungscenter und Betriebe fliessen in den Entscheidungsprozess ein, inwiefern Anpassungen nötig sind. Die Workshops mit den Berufsfachschulen und überbetrieblichen Kursen fanden 2022 statt. Die Vorarbeiten zur Entscheidungsfindung laufen bis November 2023. «Mit den zu erwartenden rund 1000 retournierten Online-Fragebögen aus den Betrieben haben wir ein sehr gutes Fundament, um diese auszuarbeiten», sagte Arnold Schöpfer, Grundbildungen & Höhere Berufsbildung AGVS. Aus den ersten ausgewerteten Umfrageantworten stammt etwa die Forderung, die Grundlagen der Elektrotechnik und die Hochvoltausbildung noch mehr in den Vordergrund zu rücken. Der AGVS setzt sich seit Jahren für die Weiterbildung bei Alternativantrieben ein, zum Beispiel mit der Anpassung der Inhalte Kompetenzbereich P2 (Motor) beim Automobildiagnostiker, auf die Kommissionspräsident Werner Bieri näher einging. 

Ergänzend erläuterte Markus Schwab, Nachfolger des im letzten Jahr demissionierten Prüfungskommissionpräsidenten Fredi Schneider, den Stand bei der Berufsprüfung der Strassenhelfer/-innen. Ende 2022 hatte zudem Remo Schürpf als Mitglied der Prüfungskommission aufgehört; ein Nachfolger wird gesucht. Bei den Fahrzeugrestauratoren wiederum kam der deutschsprachige Lehrgang 2022 nach einer kleinen Durststrecke zustande, derzeit wird nach Experten in der Westschweiz gesucht. «Einzelne Experten können die Prüfung zweisprachig abnehmen; andere unterstützen die Kollegen der Westschweiz mit den Posten», schilderte Marcel Wyler, Präsident der Prüfungskommission, die Herausforderung. Und die Königsdisziplin im AGVS-Bildungswesen? Bei den diplomierten Betriebswirten und Betriebswirtinnen gab Martin Bächtold, Präsident der Kommission, einen Jahresrückblick inklusive der Quote bestandener Prüfungen – und er informierte, dass mit 7 Act Benson auch eine neue Bildungsanbieterin in der Romandie gefunden sei.

Im Anschluss wurde César Pessotto (r.), AGVS-Sektion Neuenburg,  verabschiedet. Olivier Maeder, AGVS-Geschäftsleitung, bedankte sich bei ihm für den unermüdlichen über 20-jährigen Einsatz für die  Berufsbildung.

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Die Tradition des AGVS-Frauenseminars wird weitergeführt: Präsidentin Irène Nyffeler (r.) trat nach der letztjährigen Durchführung zurück. In ihre Fussstapfen tritt Silvana Stocker-Blaser, die sich an der Sitzung vorstellte. 
 
Die Sektionen werden aufgefordert die Mitgliederbetriebe zu sensibilisieren, damit diese ihre Fachkräfte motivieren Lehrgänge der höheren Berufsbildung und der AGVS Business Academy zu absolvieren.

Die Folien der Referenten mit Details zu sämtlichen Fachbereichen als PDF gibt es hier. 
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